Ungültig - oder wie wir im Pott sagen:

Datt gildet getz ma nich...

Schon zu Beginn der Planung hatte ich die Absicht, die Lichtsignale einer Bahnhofsausfahrt mit ungültig gemachten Formsignalen zu kombinieren. Solche Signale werden durch ein weißes Kreuz mit schwarzem Rand gekennzeichnet. Natürlich wollte ich da keine voll funktionsfähigen (und teuren) Formsignale aufstellen, ich habe nach Attrappen gesucht, die für diesen Zweck ja völlig reichen würden. Die Bausätze von Formsignalen, die ich damals fand, hatten allerdings alle EINEN gravierenden Nachteil: die Signalflügel mussten bei allen selbst bemalt werden! Da habe ich von Beginn an mal mehr als drei Fragezeichen gemacht.


Zweiflügeliges Hauptsignal WIKIPEDIA - MdE/FotoCC2DE

Wie sollte ICH diese schmalen weißen Bereiche und vor allem die weißen Kreise exakt hinbekommen? Jeder und jede weiß, dass es einfach scheiße aussieht, wenn das nicht präzise gemalt ist. Das menschliche Auge ist ja sehr empfindlich was klare geometrische Figuren angeht. Es reichen oft schon minimale Abweichungen um solche Strukturen als "schief" oder irgendwie unpassend zu erkennen. Letztlich nutzen wir diese Sensitivität ja auch aus, etwa wenn wir mit der Schieblehre am Nonius präzise Messungen vornehmen.

Irgendwann habe ich einen neuen Anlauf genommen und die Kolleg:innen in den Foren* befragt, da wurden mir die Bausätze der Fa. Schneider empfohlen, es gibt dort ein- und zweiflüglige Hauptsignale als Bausatz für kleines Geld. Die Signale sind sogar voll funktionsfähig, sie werden mit Stelldrähten, LEDs und den entsprechenden Widerständen geliefert. Ich kann keinen Kommentar dazu abgeben, ob und wie gut diese Signale funktionieren, wenn sie entsprechend aufgebaut werden. Weder mechanisch noch elektrisch. Da ich sie nur als Attrappen nutzen wollte, habe ich die Bausätze voll verklebt und mich nicht um die Frage geschert, wie erfolgreich man sie als bewegliche Signale bauen kann. Meine Vermutung: das ist nur etwas für sehr versierte Bastler! Immerhin gibt es einen guten Support. Auf meine konkrete Frage, ob die Struktur der Signalflügel so konstruiert ist, dass die Bemalung erleichtert wird, wurde ich sogar telefonisch von einem Mitarbeiter kontaktiert, der in dem Gespräch sehr genau auf meine Fragen und Probleme einging. Auch er hatte keine Zauberformel, aber mir hat das Gespräch letztlich die Angst genommen. Also habe ich mal ein Test-Signal bestellt - Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.
* Ich nutze zwei Foren: das HO-Forum und Stummis Modellbahnforum - in beiden habe ich schon für viele Probleme Lösungen gefunden, sachgerechte und freundliche Diskussionen haben mir oft auf die Sprünge geholfen.


Sorry für die anscheinende Schiefstellung - die Perspektive eben

Der Bausatz kommt in einer Kunststofftüte mit einem oder zwei Spritzlingen, je nachdem, ob es ein ein- oder zweiflügeliges Signal werden soll. Vorsicht beim Auspacken: in der Tüte sind auch die winzigen Farbscheiben für die Signalleuchten und diese sind nicht extra verpackt. Wenn die irgendwo hinfallen und hinrollen - viel Spaß beim Suchen! Die Teile machen sonst einen sehr guten Eindruck, allerdings sollte man genau überprüfen, ob die Spritzlinge fehlerfrei sind.

Bei meinen zuletzt fünf Signalen waren in zwei Packungen Spritzlinge, die nicht wirklich gut aus der Form gekommen waren. Die ausgetretenen Reste kann man zwar einfach entfernen, inwieweit sich das hier auf die Funktion der beweglichen Teile auswirkt, vermag ich nicht zu sagen, jedenfalls deuten solche Reste auf Fehler bei der Herstellung und mangelnde Kontrolle hin. Was auch sehr gut zu sehen ist: die Bemalung der Rückseite ist kein Problem, hier kann man die weiße Farbe einfach vorsichtig in die vertieften Bereiche einbringen, regelrecht hineinlaufen lassen - das habe sogar ich geschafft.

Solche Löcher allerdings werden auf jeden Fall bei der Bemalung stören, in meinem Fall hat beides keine Rolle gespielt, dazu unten mehr. Besonders wenn die Signale als Funktionsmodelle genutzt werden sollen, empfehle ich vor Beginn eine kritische Prüfung! Begleitet werden die Teile von einer sehr informativen und ausführlichen Bauanleitung, diese kann auch vorab auf der Herstellerseite heruntergeladen werden. Das ist vorbildlich!

Hier sind schon alle Teile vom Spritzling getrennt. Die Signalflügel habe ich so abgeschnitten, dass ich genügend Material drumherum zum Halten habe. Sie sind sehr dünn - was ja schön ist - aber dadurch eben auch recht empfindlich. Die Masten habe ich jeweils gekürzt - in der Bauanleitung wird das genau erklärt. Als Farbe für die Masten habe ich Vallejo Sky Grey benutzt, die Signale auf meiner Anlage mussten ja aus der Zeit vor 1960 stammen. Da gab´s noch kein Reseda-Grün...

Die Originalfarbe der Flügel wird von Schneider mit RAL 3002 - Karminrot - angegeben. Das ist korrekt, allerdings wirkte mir die in der Farbkiste gefundene entsprechende Farbe von Revell einfach zu dunkel, darum habe ich ein etwas helleres Rot mit einem winzigen Tropfen Karminrot gemischt.

Die Bemalung der Rückseiten ist wie geschrieben kein Problem. Ich habe dies mit einem feinen Acryl-Stift bewerkstelligt. Damit kann man den vertieften Bereich sehr genau bemalen. Die Vorderseite ist komplett mit der Revell-Mischung - siehe oben - bemalt. Ggf. muss später der Rand VORSICHTIG mit einem Skalpell oder einer feinen Feile von übergelaufenem Rot befreit werden.

Das sieht doch schon gut aus. Die Rückseiten sind fertig. Aber was macht man mit der Vorderseite? Hier ist der weiß zu bemalende Bereich erhöht, eine Vertiefung wäre nicht möglich gewesen, hätten doch dann beide Vertiefungen auf Vor- und Rückseite zusammen für ein nur noch hauchdünnes Bauteil gesorgt und der Rand hätte entsprechend stärker werden müssen um ein Mindestmaß an Stabilität zu gewährleisten. Das wiederum hätte für einen unschön dicken Flügel gesorgt - aber egal. Es ist wie es ist. Wie nun die Bemalung vorne realisieren?

Meine Versuche, hier mit Acrylfarbe klarzukommen - Pinsel oder Stift - waren zum Scheitern verurteilt. Den rechteckigen Bereich habe ich bei meinen Versuchen meist noch gut halbwegs hinbekommen, aber es scheiterte immer wieder am Kreis. Jede kleine Übermalung, jede winzige Ungenauigkeit sorgt dafür, dass man das Weiß nur noch abwischen (daher als rote Grundfarbe auf jeden Fall eine wasserunlösliche Farbe nutzen!) und es wieder neu versuchen muss. Und wieder. Und noch einmal. Und diese Prozedur bei insgesamt neun (9!) Signalflügeln? Dazu reicht meine Ausdauer nicht. Ich habe es mit Pinseln versucht und mit Acryl-Stiften. Mit sehr feinen und sehr breiten. Bei letzteren hatte ich eigentlich gehofft, durch vorsichtiges Drüberstreichen nur das Mittelfeld zu treffen - es kam jedes Mal zu Übermalungen am Rand. Ich bin dazu anscheinend trotz Lupenbrille einfach nicht in der Lage. Aber was gibt es für Alternativen?


Sieht auf den ersten Blick gut zu machen aus - aber nicht für mich

Ich habe mir die Signalflügel ausgedruckt, die Druckqualität wäre völlig ausreichend gewesen, nur: die müssen ja dann ausgeschnitten werden und auch hier ist der Kreis das Problem. Egal ob scharfe und feine Schere oder Skalpell - Kreise werden nie wirklich gut. Andreas Nothaft bietet Decals an - auch das habe ich probiert und auch hier ist das Problem, dass man die Schiebebilder vorher ausschneiden muss, auch hier gibt es also das Kreisproblem. Zugegeben, hier fallen Fehler etwas weniger stark auf, der ggf. überstehende Restrand ist ja durchsichtig. Dennoch hat mich das nicht überzeugt. Letztlich war es "Flügelweiß" von Weinert - die weißen Bereiche als Anreibesymbole. Da bleibt der Kreis ein Kreis und die Anwendung ist wirklich einfach. Allerdings gibt´s auch hier Tücken - keine Rose ohne Dornen: die Symbole kleben verdammt gut und verflixt schnell. Beim Justieren muss man wirklich aufpassen, dass sie nicht zu schnell "Fuß fassen". Aber das ist mit etwas Konzentration machbar.


Links die Nothaft-Flügel, recht das Weinert Flügelweiß - oben ein Malversuch meinserseits

Und so sehen sie dann aus, die fünf Signale für meine Bahnhofsausfahrt West. Die Masten sind schon mit etwas schwarzem Wash und ein wenig Rost behandelt. Die Mastschilder werden aus dem Begleitheft ausgeschnitten, sind also aus Papier. Dieser Materialmix ist nicht glücklich. Zwar klappt das Ankleben mit Universalklebstoff (bei mir wieder kittifix) recht gut, aber beim leichten Altern....

...zeigt sich hier die schnelle Farbaufnahme von Papier doch sehr deutlich. Also das muss vorsichtiger geschehen als mit dem Kunststoffrest des Signals. Wusste ich vorher, trotzdem ist mir beim 2. von links doch zuviel Farbe auf dem Papier geblieben. Das lässt sich schon nach Sekunden nicht mehr mit einem feuchten Schwamm korrigieren. Aber diese Probleme kennen wir ja alle. Kunststoff-Folie wäre hier besser gewesen, hätte den Bausatz aber verteuert.

Auf jeden Fall finde ich, dass diese Kombination von Lichtsignalen mit ungültigen Hauptsignalen der Bahnhofsausfahrt ungemein gut tut. Sieht einfach klasse aus und hier stören die fragilen Formsignale in keiner Weise, denn hier muss nicht entkuppelt oder sonstwie eingegriffen werden - oder nur selten. Ich will´s ja nicht beschwören. Aber ich will jenen Mut machen, die wie ich auf Grund ihrer Feinmotorik beim Bemalen von komplexen Strukturen schnell an die Grenzen des Machbaren kommen. Einfach versuchen, wenn ich das geschafft habe....

Und zur anscheinende Schiefstellung der Signale auf den Fotos: das ist 1. die perspektivische Verzerrung beim Fotografieren und 2. habe ich sie wirklich nicht einzeln mit der Wasserwaage ausgerichtet. Nur: fällt sonst nicht auf, lediglich das unbestechliche Auge der Kamera macht hier die kleinste Abweichung sichtbar.


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