Alte Liebe rostet nicht
Es war nicht geplant und die Idee war einfach bekloppt, gar kein Platz für ein weiteres Modul - aber irgendwann, irgendwo, irgendwie war es dann in meinem Kopf: ein Hafen, das wäre ja toll. Nach mehr als 25 Jahren als Skipper mit Sportbooten auf dem Wasser unterwegs vielleicht doch nicht ganz so ungewöhnlich. Trotzdem total bescheuert. Wo ich doch gerade mit der Anlage "fertig" war - wahrscheinlich auch das ein Grund für den Beschluss. ABER: Irgendwie muss ich so einen Hafen immer schon im Hinterkopf gehabt haben, denn wenn ich die Ordner mit den Fotos der letzten Bootsreisen durchforste, fallen mir die vielen Detailfotos von Hafenanlagen auf, für Reiseberichte völlig unbrauchbar. Warum also habe ich sie sonst gemacht, die vielen Fotos von Schildern, genau von vorn - HIER konnte ich das alles gut gebrauchen! Anschließen könnte ich so ein Hafenmodul einfach an eines der Triebwagengleise unter dem Bahnhof und es könnte prima unter Modul VI über der Treppe liegen. Der Gedanke ließ mich dann nicht mehr ruhen und irgendwann lag dann mal ein großes Stück Pappe an der Treppe mit dem blöden Handlauf - ja, könnte klappen Herr Kaleun, könnte klappen!
Simsalabim - so sieht´s aktuell aus, wenn nur der Hafen montiert ist. Hat sich doch gelohnt, oder? Allerdings: macht viel Arbeit, dieser Kanalhafen am Timmer-Seiten-Kanal. Gerade ist ein Leichter an die Spundwand gelegt worden, die O-Wagen wurden schon angefordert und werden gleich zugestellt. Vorher muss aber das Ladegleis freigemacht werden - Arbeit, Arbeit, Arbeit.
Das Leichtgewicht Hafen liegt in Ruhezeiten unter der Anlage
Allerdings flansche ich den Hafen fast nur solo an, also wenn ich die anderen Module nicht montiert habe. Denn wenn der Hafen über der Treppe liegt, ist diese nicht wirklich gut zu passieren, bücken reicht dann nicht mehr, man windet sich eher schlangengleich über die Stufen. Für Menschen jenseits der 70 eine sportliche Herausforderung - mein Orthopäde würde mir die Freundschaft aufkündigen wenn er davon wüsste. Und wenn Modul VI noch darüber liegt wie im Foto unten, sind Montage und Demontage schwieriger, das will ich dann nicht für ein Wochenende. Die "große Runde" wird ja immer nur für ein langes Fahr-Wochenende, auf jeden Fall für den Betrieb über mehrere Tage zusammengeklöppelt. Und für einen solchen Zeitraum will ich mir nicht die Treppe blockieren. Daher kommt der Hafen meistens dann zum Einsatz, wenn nur auf dem Kernstück gespielt wird und der Fahrdienstleiter nach weiteren Rangieraufgaben lechzt. Ist dann eine Sache von Minuten. Aber: keine Regel ohne Ausnahme, manchmal muss es eben die GANZ große Lösung sein. Man gönnt sich ja sonst nichts...
Selten, aber nicht nie: Hafen UND große Runde - dann steppt der Bär!
Der Hafenmeister hat (natürlich) wieder was zu meckern, für morgen früh ist ein Schiff mit einer Kohlenladung angekündigt, da wird also eine Nachtschicht nötig werden. Immer wieder dieselbe Leier - tagelang nix und dann kommen alle zur gleichen Zeit.
Zurück zum Bau: hier wurde die Pappe durch Pappel-Sperrholz mit einer Alu-Unterkonstruktion ersetzt, wie bei allen beweglichen Modulen. Und der Gleisplan kam nun 1:1 aufs Holz, mit realen Weichen und einer Segmentdrehscheibe - auf die war ich schon lange scharf! Hier passte sie wie die Faust aufs Auge! Unten der Bereich für das Hafenbecken. Das Modul ist mal gerade 40cm schlank und mit 1,50 Meter Länge nicht gerade ein Riese. Trotzdem bringt es 17kg auf die Waage, durch die kompakten Maße ist es aber locker zu handhaben. Wenn ich auf den Kranarm aufpasse, kann ich mir das ganze Modul voll cool unter den Arm klemmen.
Blick auf den Unterbau mit den Querstreben zur Versteifung und den notwendigen Handlöchern um die Antriebe montieren zu können. Da es hier auf minimale Bauhöhe ankam und das Hafenbecken ohnehin schon eine gewisse Tiefe vorgab, musste ich die ganze Technik in die Unterkonstruktion verlagern. Fummelei und viele Flüche waren die Folge.
Der Anschluss für das Gleis und für die Elektrik. Diesmal reichten die kleinen SUB-D-Stecker nicht. Denn obwohl der gesamte Hafen durch ein eigenes Stellpult geschaltet wird...
...waren am Ende doch erstaunlich viele Verbindungen zur Hauptanlage nötig.
Der saubere landschaftliche Anschluss machte mir anfangs etwas Kopfschmerzen, gelang dann durch eine Straße. Die Hintergrundkulisse entstand durch Reste der Auhagen Kulisse von Modul IV - ich hätte das Holz auch einfach Himmelblau streichen können.
Fertig! Die B1 Richtung Jepperode führt am Hafen vorbei...
...gleich geht´s rechts ab auf das Hafengelände. ABER nur für Anlieger, denn im Hafen ist es eng und knapp und eigentlich sind immer zu viele Autos da - darum die Beschränkung.
Sieht man gut auf diesem Bild - die V36 stellt gerade einen Kesselwagen auf das Anschlussgleis der Fa. Dr. N - eine kleine Chemie-Fabrik. Solche Klitschen gab es hier früher zu Hauf.
Die großen Firmenschilder - Dr. N - fand ich als Kind immer etwas beängstigend, denn ganz in der Nähe, in Kamen, gab es mit Dr. Nüsken tatsächlich eine solche Fabrik. Und im Nachkriegsdeutschland war ein akademischer Titel ja Garant für erstklassige Produkte. Dieses Logo gibt es heute noch auf dem Betriebsgelände. Wobei dieser Besserwisser mit seinem Zeigefinger, der den Akademiker ´raushängen lässt, wahrscheinlich im Hier und Jetzt eine ganz andere Wirkung hätte, ist einfach aus der Zeit gefallen. Mir machte dieser finstere Typ als Kind jedenfalls immer Angst...
Problem Segmentdrehscheibe: da ich diese (noch) analog bediene, kann sie nur zwei Positionen anfahren. Ob ich das mal digital steuere - die Elektrik dafür habe ich bereits prophylaktisch entsprechend verdrahtet. Aber: wenn ich die Drehscheibe über die Tasten im Hafen-Stellpult ansteuern will, muss ich wieder für jeden Taster einen Decoder haben, der das Einschalten in die digitale Welt überträgt - alles viel Aufwand. Und eigentlich komme ich mit zwei Abgängen klar, einen werde ich wohl erst mal durch eine Baustelle sperren, sollen die doch sehen, wie sie dann die Rangierarbeit im Hafen geregelt kriegen.
Kommentar meines fünfjährigen Enkels: "Na, die können sich da ja prima unterhalten" - machen sie auch. Kleine Pause oder schon Freizeit? Bei uns im Ruhrgebiet lagen Freizeit und Arbeit schon immer nahe beieinander. Am Abend oder sonntags mal in den Kanal hüpfen (Stichwort Kumpelriviera) - aber sonst? Wasserwege waren Orte für Häfen, für das Umladen, für die Maloche eben. Hier fehlt jetzt das entsprechende Soundfile, ich höre das unverwechselbare Bass-Intro, höre seine unvergessene Stimme: Sittin´ in the mornin sun... kurz vor seinem tragischen Tod als Test im Tonstudio aufgenommen, der Text war noch nicht ganz komplett und die "offenen Stellen" wurden mit improvisiertem Pfeifen gefüllt - aber ich merke, ich schweife ab...
Die Leichtfüße im Rheinland haben das schon immer gemacht: gemütlich am Fluss entlang schlendern, auf irgend einer Terrasse am Wasser einen Espresso oder ein Kölsch oder Alt (oder andere zweifelhafte Getränke) schlürfen - das war im Revier längst nicht so. So langsam lernen es die Ruhris aber auch - also die bleiben natürlich bei gescheitem Bier - aber dass sie in einem Wasserland mit mehr als 250km Wasserwegen leben dürfen, wird vielen erst jetzt, lange nach Ende des Montanzeitalters bewusst. Aber einige waren da früher dran - hier gibt´s eine kleine Spritztour durchs Hafenbecken. Hoffentlich fällt die Leine vom Vordeck nicht ins Wasser, könnte der Propeller übel nehmen, lang genug ist sie...
Hier hätte ich gerne ein Modell unserer Tremonia 2.0 im Hafenbecken fahren sehen - aber nach Gesprächen mit zwei 3D-Druckern habe ich dann doch davon Abstand genommen. So ein Originalboot als Druck zu konstruieren ist dann doch zeitaufwändiger als ich dachte - und entsprechend teuer. Schade! DAS wäre der Kracher gewesen: Käpt´n Kalle auf eigenem Kiel im Hafen von Timmerbruch.
Ich finde, das Wasser sieht echt klasse aus. Es ist nur Klopapier und Leim und Farbe und ein paar Schichten Klarlack. Die Methode hier habe ich mir bei unserem schwedischen Kollegen Martin Tärnroth abgeschaut, der zeigt das in seinem Video-Tutorial (mit einem deutschen Sprecher, also leicht verständlich!) an dieser Stelle. Das ist einfach, leicht und dazu auch noch mehr als preiswert, ich habe alle Wasserflächen und zuletzt auch das Gelände nach dieser Klo-Papier-Methode angefertigt. Klasse Idee.
Bemalt habe ich das zusammen mit meinem ältesten Enkel - echt kinderleicht, nass in nass. Das zeige ich im Bautagebuch ab Seite 37. Die Bedingung hier: es durfte auf keinen Fall ein Gewichtsproblem geben. Gießharz oder manche andere Möglichkeit der Wasserimitationen schieden also aus. Aber ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Wichtig ist das Lackieren, ich habe insgesamt acht Schichten Klarlack aufgebracht, die Technik kannte ich ja aus meiner Zeit als Skipper: guter Klarlack, allerdings hier auf Acryl-Basis wegen des leichten Gelbstiches, den lösungsmittelbasierte Lacke schon mal bekommen.
Letzter Blick auf den Hafen - irgend einer hat da alte Reifen abgekippt. Umweltsünder gab´s schon immer. Da sind wir ja heute schon viel weiter. Sind wir das? Da mache ich mal die berühmten Drei ???
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