Das Bautagebuch - Rost und Schotter
Dezember, Teil I
Die meisten Weichen und Antriebe sind eingebaut, es fehlt noch rechts ein ganzes Teilstück mit kleinem Bw und ein paar weiteren Gleisen. Das kommt aber erst wirklich später. Im Klartext: der Rest-Bahnhof wird nun weitergebaut. Stellprobe von Gebäuden, dazu habe ich meinen Enkeln frevelhafter Weise einige Legosteine entwendet. Aber dazu gleich mehr.
Der CAN-Bus arbeitet, auch hier stellt der exklusive AC-Weichendecoder die Antriebe, gesteuert durch das iPad. Klappt! Suuuper! Ich kann nun den Bahnhof auf drei Gleisen befahren. Problem ist doch, dass man sonst jede Weiche mit der Hand umstellen muss. Dazu fummelt man unter der Platte an den Antrieben herum und sucht den Stellhebel. Die Weichen lassen sich ja durch die Herzstückpolarität auch nicht aufschneiden - darum ist die schnelle Möglichkeit, die Weichen über das iPad zu stellen, hervorragend. Der wichtigste Schritt aber ist nun das Einschottern, denn das bringt den gesamten Bauablauf entscheidend weiter.
Hier sieht man schon ein paar geschotterte Gleise. Die Pappe mit Loch links zeigt ein weiteres Problem: dahinter verbirgt sich ein Fenster. Zum Schutz gegen UV-Strahlung wird das weitgehend geschlossen, aber es wird zum Lüften benötigt. Also muss da irgendwo eine Öffnung sein, durch die der Fenstergriff zu erreichen ist - das Loch in der Pappe. Später werde ich es tarnen müssen, so tarnen, dass man ohne große Umbauten das Fenster öffnen kann. Wahrscheinlich wird da ein hohes Gebäude davor stehen, mal sehen. Aber jetzt geht es los mit dem Schottern!
Das ist ein komplexer Vorgang, der viel Zeit kostet und der sorgfältig angegangen werden muss. Unten habe ich meine Arbeitsweise ausführlich beschrieben. Auch hierbei steht die Betriebssicherheit an erster Stelle. Im Klartext heißt das: bewegliche Teile der Weichen müssen sich auch weiter gut bewegen können. Dort wird dann eben anders gestrichen und anders geschottert, auch wenn das vielleicht das Bild ein wenig stört. Aber da muss man klare Prioritäten setzetn. Der Weg zum schönen Schottergleis geht über mehrere Stationen und zwischendurch sieht es manchmal richtig scheiße aus. So wie hier nach dem Grundieren. Aber das sind Zwischenschritte. Am Ende muss der Gesamteindruck wirken. Und so mache ich es:
Einschottern - dazu zugehört zunächst einmal das Einfärben der Gleise. Es macht wenig Sinn, gleich mit Rostfarbe zu streichen, die Gleisprofile nehmen Farbe nicht sofort an, sie läuft einfach daran herunter. Jedenfalls dann, wenn man auf acrylbasierte Farben setzt, auf Farben, die man auch leicht wieder entfernen kann. Denn DAS ist ja das A & O bei dieser Aktion: es soll gut aussehen, aber wichtiger ist doch, dass die Stromaufnahme durch das Bemalen nicht verschlechtert wird. Wichtig ist, dass man die Profile nach der Streichaktion auch wieder richtig sauber bekommt. Hier gleich noch ein weiterer Hinweis: Farbe - und damit das Lösungsmittel Wasser - läuft auch in die Schienenverbinder, das lässt sich gar nicht vermeiden. Daher ist es für mich ein wichtiger Grundsatz, eigentlich alle Gleise mit eigenen Stromanschlüssen zu versehen. Okay, ich habe nicht an jedes kleine Gleisstück zwei Kabel angelötet, aber jede Weiche, jedes Flexgleis und bei Einzelgleisstücken im Schnitt jedes 2. Gleisstück sind direkt mit dem Fahrstrom verbunden. Jedenfalls dort, wo mit Wasser herumgepanscht wird.
Zum Streichen und Schottern gibt es viele Ideen und Strategien, die Foren sind voll davon. Ich habe mich nach dem Ausprobieren mehrerer Abläufe weitgehend für das System der Firma Koemo entschieden. Das ist einfach, man kann auf standardisierte Produkte zurückgreifen und es geht hinreichend fix. Denn das ist doch das nächste Problem: man kann Tage damit verbringen, Gleise einzuschottern, es ist eine fummelige und eintönige Arbeit, bei der man sich noch dazu richtig konzentrieren muss, sonst geht schnell etwas in die Hose. Darum also ist es wirklich nicht schlecht, wenn man grundsätzlich auf eine gut abgestimmte und zügig abzuarbeitende Methode setzt. Der erste Schritt: Grundierung. Dazu bietet Koemo eine schwarze Farbe an, die anscheinend ein wenig Lösungsmittel enthält. Das jedenfalls signalisiert die Nase bei einer Geruchsprobe, allerdings sind das nur geringe Mengen, es stinkt also nicht und man kann damit sehr gut arbeiten. Das Schwarz zieht gut an, Frucht der Beimischungen, und tut was es soll: den Untergrund vorbereiten. Es kann mit Wasser verdünnt werden bis es die richtige Konsistenz hat. Ist die Farbe zu dick - wie auf dem Foto zur Demonstration - werden schnell Details zugeschmiert. Also ggf. vorsichtig verdünnen. Andererseits: wem fällt es denn hinterher beim Spielen schon auf, dass da bei zwei Schwellen die Holzmaserung zugeschmiert ist? Niemandem! So etwas ist nur auf Fotos zu sehen, Fotos, die man minutenlang studieren kann. Und es fällt vielleicht bei Dioramen auf, da wo zwei Meter Gleise in meisterhaft gestaltetem Umfeld zu bewundern sind. Nicht auf einer Anlage beim Fahrbetrieb, dazu ist gar keine Zeit! Zurück zum Streichen: bei der Grundierung muss man nicht wirklich viel aufpassen, einfach drauf und vor allem dran, denn die Seiten der Profile sind besonders wichtig! Bei diesem ersten Durchgang kann man auch gleich Schraubenköpfe und angelötete Kabel gut tarnen.
Danach werden die Schienenprofile mit einem trockenen Lappen wieder blank geputzt. Ein oder zweimal drüber gehen reicht völlig aus. Vorsicht ist bei Weichen geboten, sowohl beim Streichen als auch beim Säubern. Das mache ich nur in Richtung der Weichenzungen, es wäre doch ein Albtraum, würde man mit dem Tuch an einer Zungenspitze hängen bleiben und diese deformieren. Aus dem gleichen Grund setze ich auch keine Schienenreinigungswagen ein (unabhängig vom eher mickrigen Erfolg dieser Fahrzeuge). Jetzt reicht ein Tuch, bei der späteren Reinigung nehme ich Filzstücke, die ich, wenn nötig, mit Brennspirituts oder Isopropanol beträufele. Damit bekommt man nicht nur den Schmutz von den Profilen, damit werden auch trockene Farbschichten abgelöst. Also keine Angst beim Streichen, alles kann wieder entfernt werden. Aber auch hier der Hinweis: bei Weichen bin ich SEHR vorsichtig.- Zungengelenke etwa oder die Schwellenbereiche, auf denen die Zunge gleitet, werden mit äußerster Vorsicht behandelt. Die Betriebssicherheit steht eben an erster Stelle.
Nächster Schritt: Rostfarbe. Hier etwas sorgfältiger streichen, vor allem die Seiten der Profile. Farbe, die auf die Schwellen gekommen ist, wird leicht abgewischt. Hierzu nutze ich abgeschnittene Stücke normaler Spülschwämme, die dann irgendwann entsorgt werden. Man kann es schöner machen...
...dazu bietet Koemo diesen Farbroller an, der besonders die Seiten der Profile anmalen soll. Habe ich ausprobiert, mit dem Pinsel geht es besser. Und es ist nicht schlecht, wenn auch die Schwellen etwas vom Rost abbekommen. Keine Angst wenn es direkt nach dem Streichen sehr rot scheint - nach dem Trocknen ist die Farbe deutlich blasser.
Ich finde den Eindruck durchaus authentisch - das muss aber jeder selbst wissen und entscheiden. Auf jeden Fall ist es jetzt an der Zeit, Lücken im Schwellenband zu füllen. Überall dort, wo Flexgleise beginnen, muss man die Schwellen oben mit dem Cuttermesser etwas schwächen, damit Platz für die Schienenverbinder ist. Ich schneide einfach zwei Schwellen raus, geht viel schneller und dann habe ich damit kein Problem.
Vor dem Schottern werden sie dann einfach dem Gleis als Einzelschwellen untergeschoben. Ich mache mir einen Streifen mit etwa 10 Schwellen - was eben so gerade in der Bastelkiste vom Schienenverlegen herum liegt - fertig und schneide dann die Einzelschwellen da heraus.
Bei längeren Gleisen verwende ich die bekannt "Schottermaschine" - finde ich auch nicht ideal, es landet in der Regel zu viel Schotter auf dem Gleis aber es ist auf jeden Fall eine Möglichkeit, halbwegs zügig weiterzukommen. Kurze Gleisstücke und Weichen - da bevorzuge ich die Methode Eier salzen: vorsichtig mit den Fingern den Schotter streuen, geht m.E. am schnellsten und mit der wenigsten Nacharbeit.
Denn DAS ist ja das eigentliche Problem beim Schottern: im Prinzip muss jedes Steinchen mit dem Pinsel (oder bei mir oft mit einem Filzstückchen) in die richtige Position geschoben werden. BTW: ich habe irgendwann so ein Kosmetik-Pinsel-Set für wenig Geld im Netz bestellt. Ich weiß nicht genau, für was dieser seltsame Büschel da kosmetisch eingesetzt wird, aber beim vorsichtigen Abfegen ist er manchmal unschlagbar. Manchmal. Denn das ist die eigentliche Herausforderung. Niemand hat ein wirklich überzeugendes Patentrezept fürs Schottern, jeder macht es irgendwie - oder irgendwie anders. Und bei der Feinarbeit ist manchmal der schmeichelweiche Streichler aus dem Kosmetik-Set erste Wahl, manchmal aber auch der brettharte Pinsel aus dem preiswerten Schul-Malpinsel-Set des Billig-Discounters. Ausprobieren!
Wenn man die Kleineisen wieder ans Tageslicht holen will, wähle ich oft einen Filzstreifen und fahre damit an den Schienen entlang. Diese Filzstücke nutze ich auch beim Reinigen der Gleise. Wichtig dabei ist die richtige Wahl, denn nur die Harten auf einer festen Unterlage halten es aus, wenn man sie beim Gleisreinigen mit Brennspiritus oder Isopropanol benetzt, bei anderen löst sich der Kleber und man hat die Unterlage schnell separat und die schmierige Klebe an den Händen. Muss man testen, aus meiner Zeit als Skipper hatte ich die ganz festen Filzstücke in der Kramkiste, die verbiegen sich auch nicht beim über die Schienen fahren. Hier also missbrauche ich sie als eine Art langen Besen und fege die Kleineisen frei. Wichtig auch, dass sich dort keine kleinen Schotterhäuchen bilden, denn der Schotterkleber macht daraus steinharte Brocken, an die die Räder stoßen können.
Ist alles gefegt, kommt der Kleber. Ich nutze dazu Latex aus dem Baumarkt, spottbillig und einfach anzuwenden und in gerigem Maße bleibt es sogar elastisch. Ich mische zwei Teile Wasser mit einem Teil Latex, dazu ein Tropfen Spülmittel. Immer gut durchrühren, auch zwischendurch. Das Rezept stammt von Manfred Jansen, jenem Menschen, der die Schuld für die ganze Katastrophe Timmerbuch trägt - habe ich zu Beginn ja geschildert. Mit einer Einmalspritze lässt sich das Gemisch zügig auftragen - wenn man den Bogen einmal raus hat. Zuerst zwischen den Schwellen...
...danach dann auch ein Tröpfchen jeweils an den Außenseiten. Zwar ist dann - dank Spülmittel - schon etwas von der Klebe drothin gelaufen, aber zum Stabilisieren des Randes ist es wichtig, dass hier noch etwas zugefügt wird.
Man kann an der Schotterfarbe gut sehen, wo schon geklebt wurde. Ach so, grundsätzlich zur Farbe des Schotters: ich habe mich für etwas hellere Sorten entschieden - R15, leichter Rost für die viel befahrenen Gleise und R20, starker Rost für Abstellgleise. Zwar gefielen mir die dunklen Mischungen besser, so sah es hier bei uns ja früher aus, alles mehr oder weniger mir Schlacke und Kohlenstaub bedeckt. Auf offener Strecke sieht das auch gut aus, aber ein Bahnhof bekommt doch schnell eine bedrückend finstere Artmosphäre, wenn die vielen Gleise so dicht nebeneinander dunkel eingeschottert sind. Also da nehme ich dann lieber die etwas helleren Typen. Wie immer: Geschmackssache, erlaubt ist, was gefällt.
Die letzte Arbeit dann ist die Kontrolle, ob der Schotter auch nicht stört - optisch und betriebsmäßig. An den Stellen wird dann mit kleinem Schraubenzieher alles beseitigt, was das eine oder andere Rad anecken lässt. Herzstücke und Radlenker werden nochmals kritisch beäugt, auch unschöne Zusammenballlungen an der einen oder anderen Stelle - einfach übersehen - wandern jetzt in die ewigen Jagdgründe. Wichtig ist die Funktion der Weichen, hier kann Farbe aber auch Latex die Zungen schwergängig machen. Letztlich hilft eine Winzigkeit Siliconspray, von Nigrin gibt es eine Sorte, deren Lösungsmittel Kunststoffen keine Probleme macht. Dann flutschen auch die Zungen wieder munter über die Schwellen. Zuletzt kommt die harte Nagelbürste zum Einsatz, danach der Staubsauger und final die schon besungenen Filzstücke: Schienen-Grundreinigung!
Und wenn dann der ganze Albtraum verschwunden ist, der ganze Dreck, die vielen Steinchen, die überall knirschen, ja dann heißt es FAHREN...
...mit allen Loks, mit allen Wagen und immer wieder mit kritischem Blick und noch kritischerem Ohr (also die Geräusch-Decoder ausstellen!) darauf achten, ob es irgendwo noch Probleme gibt. Das ist unzweifelhaft der amüsantere Teil der Arbeit. Und dann: FERTIG! Nächster Punkt, aber der kommt erst im 2. Dezember-Teil. Übrigens - Blick zurück zum oberen Fotos: die Pappe ist inzwischen verschwunden und hat einer stabilen Spanplatte Platz gemacht, einer Platte mit Ausschnitt für das Öffnen des Fensters.