Es saugt und bläst der Heinzelmann...

Ein extrem wichtiges Kapitel in drei Akten:
1. Mangelhafte Stromabnahme > Herstellerkritik
2. Reinigung der Gleise > HIER
3. Reinigung der Räder und Schleifkontakte > Räder und Achsen des Bösen

Ja, das wäre schön, wenn wirklich die Heinzelmännchen kämen und sich nachts an das Putzen von Schienen und Rädern machen würden. Tun sie nicht, verdanken wir bekanntlicher Weise ja des Schneiders Weib. Aber der Kern des Problems liegt an anderer Stelle. Es ist einmal sicher der Staub, der uns zu schaffen macht. Es sind aber auch die Folgen von Mikrolichtbögen, winziger blitzartiger Stromflüsse unseres rollenden Materials, die ihre Spuren auf den Schienen hinterlassen. Dadurch entstehen Metalloxide, die als isolierende winzige Punkte auf den Schienen zur Verschlechterung der Stromaufnahme führen. Ganz kleine Stellen, davon aber ganz ganz viele. Das Kernproblem, die Konstruktionsfehler im Bereich Stromabnahme, habe ich schon angesprochen. Hier kommt jetzt eine ganz schmutzige Seite, es geht um Dreck und Staub und jeder Menge Arbeit und Ärger.

Das normale "große Reinemachen" dauert bei meiner Anlage etwa eine Stunde, es ist reine Handarbeit. Ich komme an den Schattenbahnhof und die verdeckten Gleise von unten sehr gut heran. Es gibt eine Stelle, die ich zum Putzen nicht so gut erreiche. Dafür habe ich mir ein gelenkiges Putzelement gebaut. An den Holzklotz klebe ich ein Stück Filz und dann klappt es auch da.

Die jährliche Grundreinigung zu Beginn der Fahrsaison im Herbst startet mit dem Reinigungs"gummi" von ROCO. Anfangs hatte ich hier Angst, mir die Schienen aufzurauen und für neuen Schmutz damit empfänglicher zu machen. Aber nach einem intensiven Gespräch mit einem Mitarbeiter der Modellbahnwelt (die machen das etwa zwei Mal im Jahr!) habe ich meine Vorbehalte aufgegeben. Im Rahmen der Lebensdauer meiner Modellbahn werde ich damit wohl keine Probleme bekommen. Und der Klotz unten zeigt, dass da eine Menge zu holen ist. Dieses Foto entstand nach einem Komplettdurchgang, die Rückseite bot das gleich Bild. Anschließen habe ich das Teil mit Schleifpapier - 80er, 200er, 400er, 600er - wieder gesäubert und geglättet.

Anschließend treten die Filzplättchen in Aktion: die schneide ich mir selbst aus den größeren Platten, die es in jedem Baumarkt gibt. Vorher ausprobieren, bei manchen lösen die Reinigungsflüssigkeiten den Kleber auf der Rückseite an. Leider sind diese Teile meistens "selbstklebend" - im Klartext: auf der Rückseite ist ein Klebefilm aufgebracht. DAS wäre natürlich der GAU, wenn diese aufgelöste Kleber-Suppe auf die Schienen käme. Der Filz selbst sollte möglichst fest sein, damit klappt es am besten. Aber da hat wohl jeder ohnehin seine eigene Methode.

Aufpassen muss man natürlich bei Weichen, da sollte sich der Filz nicht an den Zungenspitzen verfangen. Was die Lösungsmittel angeht: auf der Modellbahnwelt in Hamburg reinigen sie inzwischen mit Sidolin. Darüber muss ich noch nachdenken, denn nach dem Verdunsten von Sidolin bleibt ein bläulicher Fleck übrig. Brennspiritus und Iso verdunsten dagegen rückstandsfrei, Waschbenzin auch. Aber Brennspiritus ist in HH tabu, seit denen 2001 beim Reinigen durch Funkenflug der Bahnhof Knuffingen in Brand geriet. Doch da sprechen wir ja auch über ganz andere Mengen. Und: wenn ich händisch reinige, gibt es keine Funken, dann ist niemand da, der fahren und dabei Funken produzieren könnte. Allerdings hat schon 2019 unser Kollege Joe Fugate im Modellrailroader eine Untersuchung veröffentlicht, bei der klar herauskam, dass die unpolaren Lösungsmitteln ihren polaren Verwandten deutlich überlegen sind, wenn es um die langfristige Verhinderung der Mikrolichtbögen geht. Da gibt es langjährige Erfahrung bei den Herstellern von Motoren, Relais und Schaltern. Und auch die professionellen Kontaktreiniger sind durchweg unpolar. Wobei ich bei den manchmal eher öligen Modelbahn-Reinigern mal drei Fragezeichen machen, für mich ein absolutes No-Go. Am Ende bleibt ein öliger Film zurück, der weiteren Staub fest hält wie der Teufel die arme Seele. Und dann gibt es natürlich die Spezialreiniger. Teure Mixturen mit Literpreisen von teilweise mehr als 25€ von denen niemand genau weiß, WAS da nun in den Flakons tatsächlich enthalten ist. Und dass eine Substanz gleichzeit in den Raucherzeuger geschüttet werden kann, macht mich nicht froh, da bin ich eher misstrauisch. Die Tatsache, dass man es im Modellbahnwunderland mit einem spottbilligen Haushaltsreiniger schafft, gibt mir zu denken und ich gestehe: ich bin da noch nicht am Ende meiner Entscheidung angelangt. Zurzeit verwende ich Waschbenzin, dass es aromatenfrei (<2%) für wenige Euro in Literflaschen im Baumarkt und auch bei den Vollsortimentern gibt. Es hat eine Dielektrizitätskonstante von 2, ist also sehr unpolar.

Meine Erfahrung bisher: Schmier, etwa Reste von Leim oder Latex nach dem Schottern, wird besser von den polaren gelöst, aber danach schaffen es die unpolaren besser. Ein Augenblicksstand meiner Erfahrung!

Doch das ist ja nicht alles. Seit einiger Zeit macht der dapo-Staubsauger die Runde - ich habe anfangs gestaunt, wieviel Staub und andere Kleinteile der einsammelt, es ist unglaublich! Selbst lange nach Ende der Bauarbeiten ist das Fach immer mit irgendwelchen Kleinteilen aus der Begrünung und natürlich mit viel Staub gefüllt, der sich teilweise zu dicken Wollmäusen am Filter sammelt.

Das Gitter der Abdeckkappe habe ich nämlich mit einem Stück Filterfließ - unserem Staubsauger entwendet - zusätzlich verschlossen.

Zwei einfache lange Güterwagen (Schiebewandwagen, gebraucht für´n Appel und ´n Ei gekauft) werden ihres Gehäuses und ihres Sprengwerkes beraubt - nur das reine Fahrgestell wird benötigt. Darauf kommt ein Stück Flacheisen, 4,5mm stark und 150g schwer (da lag hier noch ein Stück von einem anderem Projekt herum). Dadurch hat der Wagen ein gutes Gewicht und liegt stabil auf dem Gleis. Der eigentliche Reinigungsschlitten besteht ebenfalls aus diesem Flacheisen, ist mit 70 Gramm ausreichend schwer und kann sich durch die beiden Messingrohre frei auf und ab bewegen.

Das eigentliche Putzen besorgt ein normales fuselfreies Haushaltstuch, das auf einem Stück Filz aufliegt, der unter den Reinigungsschlitten geklebt ist. Vorn wird es durch ein Loch in den ersten Messingträger gefädelt und auf der anderen Seite - allerdings oben - auf ein Stück doppelseitiges Klebeband gepappt. So liegt das Tuch unter Spannung auf seiner Filzunterlage auf - rechts oben zu sehen. Beide Wagen hängen durch ein Stück Alu aneinander. Dieser Zug kann nur noch von kräftigen Loks gezogen werden - Gewicht und Reibung machen sich bemerkbar. Da sind meine V200 oder die V188 als Doppellok gefragt.

Der jaulende Heinzelmann kann digital geregelt werden und er wird nach vier fünf Runden jeweils gereinigt. Die Putz-Wagen schiebe ich auch per Hand über schwer zugängliche Gleisstücke, etwa durch einen kurzen Tunnelabschnitt oder in den Lokschuppen. Klappt, sieht man nach zwei oder drei Runden - dann werden blitzschnell die kompletten Putzschlitten getauscht und während der nächsten Runde wird das Putztuch (und damit der Schmutz - das ist WICHTIG) entsorgt und die Schlitten neu bespannt.

Es ist eine Glaubensfrage. In allen Foren, bei allen Treffen geht es hin und her, ich habe eine Unmenge darüber gelesen. Jeder hat seine eigene Strategie. Die einen schwören aufs Trockenreinigen. Die anderen wollen´s nass schaffen. Wobei auch sie sich nicht einig sind. Es gibt die polare Fraktion, die auf Brennspiritus, Isopropanol oder andere polare Lösungsmittel schwört, es gibt aber auch die Unpolaren, die es mit kurz- bis langkettigen Kohlenwasserstoffen, mit mehr oder weniger öligen Substanzen versuchen. Und es gibt die Spezis, die es mit Spezialreinigern tun. Zehn Modellbahner und mindestens 12 verschiedene Lösungen, mindestens. Da muss jeder und jede seine eigene Entscheidung treffen!

BTW: die großen Schaumstoff-Teile rechts eignen sich auch sehr gut für Weichen, Herzstücke und für meine eingepflasterten Hafengleise, da kommt man mit Filz & Co nicht weit weil die Gleise eben tief im Pflaster liegen.


Hilfsmittel - Schwester, den Tupfer...

Die Domain www.timmerbruch.de ist Teil der Domain www.czierpka.de und es gelten die im Impressum und in der Erklärung zum Datenschutz aufgeführten Grundsätze und Einschränkungen!