Das Bautagebuch - Hochbau

Dezember, Teil III

Nach dem Tiefbau nun der Hochbau. Zwischendurch immer mal wieder ein Blick auf die Pflastersteine, denn Farben müssen trocknen und in der Zwischenzeit kann man durchaus andere Projekte angehen. Unten das versprochene LEGO-Foto: erste Stellprobe, einfach um zu visualisieren, wie es mit der Bebauung am hinteren Anlagenrand aussehen könnte. Es ist - natürlich - wenig Platz, denn die Prioritäten sind klar: Bahngleise - alle Deko kommt erst danach. Zunächst hatte ich an eine Art Arkadenlösung gedacht, also der Güterschuppen unter der Straße, dies aber dann doch verworfen weil ich keine Idee für den Übergang zum Hintergrund hatte. Gebäude mit ihrer Höhe sind da erheblich einfacher zum Kaschieren geeignet. Aber: es können eigentlich nur Halbrelief-Gebäude sein. Denn ich brauche genügend Platz für eine vernünftige Laderampe.

Auf jeden Fall soll ein großes Lagerhaus entstehen, ähnlich den standardisierten Reichstypenspeichern, die im Dritten Reich von den Heeresverpflegungsämtern überall in Deutschland gebaut wurden, um im Kriegsfall die kämpfende Truppe versorgen zu können. Übrigens lange vor dem Überfall auf Polen - einer der vielen Belege dafür, dass die Nazis den Krieg sehr langfristig geplant hatten. Einen dieser Kolosse habe ich in Bad Essen selbst noch gesehen, er wurde vor zwei Jahren abgerissen - schade, war ein toller Leuchtturm am Mittellandkanal. Denn natürlich wurden diese Speicher überall dort gebaut, wo gute Verkehrsanbindungen vorhanden waren. Daher wäre Timmerbuch sicher in die engere Wahl der Strategen gekommen. Ganz so riesig wird er nicht werden, aber das Prinzip soll erkennbar sein. In Bad Essen, wo ich auf meinen Fahrten in den Osten regelmäßig angelegt und übernachtet habe, stand ein Reichstypenspeicher 5000 - ausgelegt also für 5.000 Tonnen Getreide.


2016 in Bad Essen, Reichstypenspeicher 5000

Ob ich auch mein Lagerhaus schon verfallen lasse - ich weiß es noch nicht. An einigen Stellen sind diese Speicher weiter in Betrieb geblieben, mit friedlicherer Absicht, oft als Eigentum externer Firmen. Mal sehen, ein aktives Lagerhaus jedenfalls würde für mehr Betrieb im Bahnhof sorgen.


Trauriger Anblick - aber die tollen Investorenpläne zum Umbau platzten

Auf jeden Fall brauche ich ein hohes Gebäude, denn die Öffnung am rechten Bildrand muss dadurch verdeckt werden. Dahinter befindet sich der Fenstergriff, und zum Lüften muss man ihn betätigen. Dann wird das Gebäude kurz weggenommen - praktisch, wenn dann keine Rücksicht auf Lichtleitungen genommen werden muss. Bei einem Lagerhaus kann man ja gut auf Illuminationen verzichten...

Das Baukastensystem von Auhagen lässt genügend Raum für solche Experimente, also erst einmal ein Tisch voller Wände, Fenster, Tore - man muss sich ein wenig in das System und seine Geometrie hineindenken. Das kann ich am besten, wenn ich die Teile in der Hand halte, wenn ich sehe, wie sich die unterschiedlichen Elemente kombinieren lassen. Als erste Lieferung habe ich zunächst mal einen Querschnitt durch die Bauteile bestellt.

Da so ein fast fenster-, auf jeden Fall aber völlig schmuckloser Bau etwas eintönig und finster wirken kann, muss es genügend auflockernde Elemente in direkter Nachbarschaft geben, die das optische Einerlei auflockern. Denn natürlich wird auch hier dem Ziegelbau gefrönt. Ein kleiner Verwaltungsanbau mit Fenstern und Toren - eine Möglichkeit. Dann müsste der Speicher auf jeden Fall noch benutzt werden, macht sonst keinen Sinn mit der Verwaltung. Obwohl gute Verwaltungen auch in der Lage wären, NICHTS zu verwalten. Das können die! Oft machen die gerade DAS besonders effektiv ;-)

Zwischendurch zurück zum Tiefbau - wie angekündigt. Die Kopfsteinplatten sind alle zugesägt und -gefeilt und nun mit Zank verklebt. Sieht ziemlich weiß aus.

Der LKW fährt das erste Wendemanöver. Klappt, aber ja: es IST eng, Platz war schon immer Mangelware. In Timmerbruch erst recht, das enge Flußtal mit seinen felsigen Ufern war von jeher eine echte Herausforderung für die Bahnbauer, da hilft auch kein Fluchen der LKW-Fahrer. Wer´s kann, der kann auch hier wenden. Und die alten Kapitäne der Landstraße hatten es natürlich drauf - wir erinnern uns an Manfred Krug "Auf Achse" und andere, noch frühere Serien mit den Alltagshelden hinter dem riesigen Volant, an dem noch richtig gedreht werden musste. Servo-Lenkung? Synchronisiertes Getriebe? Nix davon - Zwischengas und Doppelt-Kuppeln. Fachleute und Könner waren das. Nicht so wie heute, wo manchmal Menschen auf dem Bock eines Sattelschleppers sitzen, deren Fahrkünste gerade für ein Bobby-Car reichen. Kann ich beurteilen, weil vor unserem Haus in der realen Welt oft LKW´s wenden müssen, die zuvor die Hinweise auf eine niedrige Brücke übersehen haben. Da erleben wir Fahrmanöver jenseits von gut und böse. Meist ist schnell jemand am Fenster oder sogar draußen, damit wir mitbekommen, wenn "versehentlich" mal geparkte Fahrzeuge touchiert werden. Man weiß ja nie, wie die Herren dann reagieren. Wahrscheinlich halten die es mit der Fernfahrer-Ehre auch nicht so, wie die Vätergeneration 50 Jahre zuvor. Und ich kann die Fahrkünste noch aus einem anderen Grund beurteilen, denn ich bin früher selbst LKW gefahren, und zwar mit Dreiachs-Anhänger! Saures Reinecke-Landbrot habe ich damit durch NRW geschaukelt. Und Schotter für den Bau der A44, dann aber mit Sattelkippern. Ich hatte auch die Lizenz für Kettenfahrzeuge (besonderer Spaß), es gab eben immer schon ein Faible für alles, was einen Motor hat...

Der erste Anstrich erfolgt mit HEKI-Granit und Beton - zwei SEHR ähnliche Farbtöne, die ich durch Mischen mit Schwarz und viel Verdünnung (Wasser) etwas variiere. Ist ja nur die Grundierung. Der Rest der Welt ist gut abgedeckt und geschützt. Die "Schwarze Paula"* ist zwar als Zeitung in manchen Bereichen sehr tendenziös, zum Schutz vor Farbe aber taugt sie allemale.

*In Dortmund, immer unter den zehn größten Städten Deutschlands gelistet, gibt es drei Zeitungen: Ruhr-Nachrichten RN, WAZ und WR - die Westfälische Rundschau. Nach finanziellen Problemen von WAZ und WR gab es einen redaktionellen Zusammenschluss mit der Konsequenz, dass es seither in der Großstadt mit mehr als 600.000 Einwohnern nur noch eine einzige Lokalredaktion gibt. In drei Zeitungen erscheinen seit dem - immer in unterschiedlicher Aufmachung - völlig identische Texte. Die Ruhrnachrichten sind durch die Eignerfamilie Lensing ein extrem kleinbürgerliches, erzkatholisch geprägtes Blatt, eben die Schwarze Paula. Daher liegt die politische Richtung dieser Gazette deutlich neben der in Dortmund (von Herbert Wehner mal als "Herzkammer der Sozialdemokratie" bezeichnet) gelebten und gewählten politischen Richtung. Und so befindet sich die RN im Dauerk(r)ampf mit den direkt von der Bürgerschaft gewählten Dortmunder Oberbürgermeistern, allesamt Sozialdemokraten. Eigentlich kein Problem, jede Zeitung darf ihre Farbe drucken und eine gute Opposition ist immer wichtig. Aber wenn es keine andere veröffentlichte Meinung gibt (auch beim Lokalradio und dem Anzeigenblatt haben die Lensings das Sagen), dann ist das irgendwie einer seriösen Zeitung unwürdig. Vor allem, wenn man wie die RN die Verantwortung trägt, als einzige Redaktion vor Ort das Bild der Stadt zu prägen. Dieser Verantwortung ist diese Zeitung nie gerecht geworden. Aber wie gesagt: zum Abdecken taugt sie sehr gut, die schwarze Paula.


Das Weiß ist einem granittigen Grau (kann man das so schreiben?) gewichen

Leider gerate ich hier an meine kreativen Grenzen. Das braune Schwarz, dünn und als "wash" für die Fugen aufgetragen, macht sich nicht wirklich so wie ich das beabsichtigt hatte. Hier wird der große Vorteil des Kopfsteinpflasters zum Nachteil. Durch die Nachbildung einer typisch unregelmäßigen Oberfläche bleiben eben viele "tiefer gelegte" Pflastersteine, in deren Kuhlen sich nun die dunklen Farben sammeln. Während man das Schwarz von der Oberfläche gut wieder wegbekommt, bleibt es eben in den tieferen Stellen einfach stehen. Mal sehen, ob ich da in einem späteren Arbeitsgang Gras wachsen lassen kann. Denn in den tieferen Stellen und Dellen wird sich ja - in der Realität - Erde und damit Nährboden für allerlei Spontanvegetation sammeln.

Es fehlt ja auch noch ein farblicher Arbeitsgang: das Granieren. Für Nichtsahnende: beim Granieren versucht man mit heller Farbe Lichter aufzubringen, das, was in der Realität eben einfallendes Licht erledigt. Dazu wird die heller Farbe aus einem Pinsel fast völlig herausgestrichen, solange, bis so gut wie keine Farbe mehr in den Haaren ist. Dieser ausgestrichene Pinsel wird dann in schnellen Bewegungen über das Objekt "gewedelt". Das bisschen Restfarbe bleibt dann nur noch an den Vorsprüngen, Ecken und Kanten hängen, es kommt nicht zu einem Überstreichen. Trockenbürsten ist eine andere Bezeichnung dafür. Ich habe es anfangs nicht geglaubt, aber die kaum sichtbaren Folgen dieses Arbeitsganges sorgen für einen tollen Effekt, lohnt sich also wirklich.


Sieht doch schon ganz gut aus - das Pflaster. Und die KG230...

Weihnachtsgeschenk KG 230, eine zweiachsige Rangierlok von ESU. Diese Lok ist zum Knutschen! So aufwändig konstruiert, so liebevoll realisiert (Herrlich: der Helm des Lokführers auf der Ablage!) und so vorbildlich ausgestattet. Das Abziehen des Mittelschleifers gelingt mit dem beiliegenden Werkzeug völlig stressfrei in wenigen Sekunden. Im reichhaltig bebilderten Beiheft sind alle wichtigen Daten übersichtlich zusammen gestellt und der Text zum Vorbild und seiner Geschichte liefert alle nötigen Hintergrund-Informationen zum Modell. In Sachen Geräusche ist ESU der große Wurf gelungen: kräftiger Sound trotz der kleinen Abmessungen der Lok, dazu sehr gut ausgewählte Betriebsgeräusche - das macht schon richtig Spaß. Auch die Sonderfunktionen sind genial ausgewählt! Dazu die Rangierkupplung. Den getakteten Raucherzeuger nutze ich nicht, aber ESUs Filmaufnahmen zeigen, dass Liebhaber solcher Effekte auch hier auf ihre Kosten kommen.

Die Fahreigenschaften des Zweiachsers werden durch das PowerPack unterstützt. Sie kriecht wunderbar und das Rangieren macht einen Riesenspaß. Und da kommt das große ABER: so lange die Lok fährt, ist alles in Butter und das Maschinchen hat trotz nur vier Rädern - eines davon auch noch mit Haftreifen - keine Probleme. Nur stehenbleiben darf sie nicht. Wenn sie beim Rangier-Stopp einmal keinen Saft mehr bekommen hat und kurz angeschubst werden muss, geht das Stottern erst richtig los. Denn nun ist der Kondensator natürlich leer und laut ESU kann es 60 Sekunden bis zur vollständigen Füllung dauern. Aber dieser potentielle Nachteil einer Lok mit nur vier Rädern war mir ja bekannt. Und letztlich kommt das selten vor.

Ach ja, wo wir gerade bei Fahrzeugen sind: mein fabrikneuer Steuerwagen (Silberling, Hasenkasten von BRAWA) kann endlich standesgemäß eingesetzt werden. Ab Werk kann er auf Digitalanlagen nicht laufen, denn dann sind ALLE Lampen eingeschaltet - sowas von doof. Also musste ich schnell einen Fahrzeugdecoder bestellen, damit der Hasenkasten weiß, ob er vorn oder hinten im Zug steht. Und was passierte? Nach dem Einbau flackerte das Licht schlimmer als die Effektbeleuchtung in der Disco. Schon im Stand, während der Fahrt konnte man das gar nicht aushalten, jedes Stroboskop wäre vor Neid erblasst. Vor dem Decodereinbau war alles in Ordnung, aber jetzt? Habe ich da etwas falsch gemacht, ist der Decoder vielleicht defekt? Mein Leib- und Magenhändler, der Modellbahnshop Lippe, kannte die Ursache: Decoder sind sehr empfindlich was Unterbrechungen der Stromzufuhr angeht. Also bitte Schienenputzen. Doch die sind bei mir eigentlich immer blitzsauber. Aber wie sieht es mit den Rädern aus? Beim fabrikneuen BRAWA-Steuerwagen? ÜBERRASCHUNG! Ich brauche sage und schreibe 7 (SIEBEN) Q-Tipps, um den Dreck von den Rädern zu bekommen. Da der Wagen hier vielleicht zwei drei Meter gelaufen ist, muss der so aus der Produktion gekommen sein. Kaum zu glauben, aber wahr!

Tja, und dann kommt Paukenschlag: Nicht nur der Rund-um-Verkehr zu Weihnachten klappt (eines meiner Ziele - Fotos kommen) - auch der Weiterbau startet in die nächste Phase. Das große Loch im Westteil des Bahnhofs...

...füllt sich! Erste provisorische Auflage einer Platte für das Bw und zwei Abstellgleise. Hin- und herschieben von Gleisen und Weichen, schauen was geht, was gehen könnte.

Alles nicht einfach, denn hinten rechts brauche ich auf jeden Fall eine Öffnung, sonst kann ich entgleisten Fahrzeugen nicht helfen. Eine Teilung der Platte ist eine Möglichkeit. Vorn das BW fest eingebaut, die beiden Abstellgleise hinten plus ggf. ein paar Gebäude davor als herausnehmbares Stück - das würde mir eine genügend große Öffnung bescheren. Wie sagte Kriechbaum so schön? Könnte klappen Herr Kaleun, könnte klappen* - wir werden sehen. Aber erst im nächsten Jahr, man muss ja auch Ziele haben. Bleibt nur zu hoffen, dass uns Corona nicht die "kritische Infrastruktur" wie Polizei, Feuerwehr, Krankenhäuser usw. lahmlegt. Für uns Modellbahner zählen ja auch die Lieferdienste zur besonders kritischen Infrastruktur - wie sollen wir sonst an Nachschub kommen? Das würde Langeweile erzeugen und dann wird´s wirklich kritisch, oder?

*Aus Das Boot - mein unangefochtener Lieblingsfilm!

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